
abschnitt 1: begrifflicher Ansatz: Definition der Schlüsselbegriffe
Zum Begriff der Integration
Der Begriff "Integration" bezieht sich im Kontext dieses Berichts auf den Prozess der Assimilation der NIT an die traditionellen schulischen Tätigkeiten (so wie man von der Integration einer fremden Bevölkerung in eine einheimische Bevölkerung spricht). Insofern sie anerkannt wird, setzt diese konfliktbeladene Dimension des Problems implizit voraus, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen dem Unterricht mit Computer und jenem ohne Computer gibt. Dann muss man sich fragen, ob es sich hierbei um begründete und tiefe Unterschiede handelt, oder ob es lediglich um formelle und oberflächliche Aspekte geht.
Die Stellung des Computers in der Klasse ist eine ziemlich zwiespältige, da er sowohl als Akteur, als Instrument oder auch als Unterrichtsgegenstand angesehen werden kann. Im ersten Fall verfügt er über eine gewisse Entscheidungsfähigkeit und "spielt" die Rolle des Lehrers; im zweiten hat er die Fähigkeiten zum Ausführen genau definierter Operationen (z.B. eine Suche in einer Datenbank); im letzten Fall wird er als eine zu unterrichtende formale Disziplin angesehen (z.B. Programmierung). In jedem der angeführten Fälle bewirkt er bedeutende Veränderungen in der Ausbildung oder den Inhalten des weiterzugebenden Wissens.
Man könnte sich auch fragen, ob es das Problem der Integration der NIT in die Bildung überhaupt gibt? Um die Frage anders zu stellen: Ist die Integration der NIT überhaupt problematisch? Wie steht es um die Integration der anderen fundamentalen Sprachen wie der Arithmetik oder der Logik? Sind sie nicht genauso problematisch? Vielleicht nähren wir missbräuchlich eine Fragestellung, die nur dazu dient, unseren Status als Spezialisten für Integrationsfragen zu rechtfertigen. Wäre es nicht sinnvoller, mehr Energie für das Schaffen von Lernsituationen und Unterrichtsszenarien aufzuwenden, welche - ohne viele Worte - die Berechtigung der Computeranwendung in der Klasse beweisen würde? Statt unsere Praktiken zu rechtfertigen, könnten wir diese auf eine ähnliche Art und Weise durchsetzen wie dies die Urheber des WWW mit ihrem System im Internet tun.
So wie sie gestellt ist, setzt die Frage der Integration voraus, dass man sich mit einem allgemeinen und globalen Problem konfrontiert sieht, das nur auf der Grundsatzebene gelöst werden kann.
- Zunächst gibt es das Problem der Aneignung der Maschine "Computer" durch den Lehrer, unabhängig davon, ob diese Aneignung mit einer pädagogischen Praxis verknüpft ist. Denn ohne eine relativ genaue Kenntnis der Möglichkeiten und Grenzen der Maschine wird der Lehrer es nicht vermeiden können, den Computer in der Klasse als ein geheimnisvolles und/oder wenig zuverlässiges und/oder magisches Instrument darzustellen. Diese Haltung des Lehrers trägt dazu bei, dass in den Reaktionen der Schüler Misstrauen oder Bewunderung verstärkt werden, was sich als Ursprung des Integrationsproblems erweisen könnte.
- Es ist auch möglich, dass es ein Integrationsproblem des Computers wegen der Definitionen der Schulfächer gibt, so wie sie von den zuständigen Behörden formuliert werden. Im Grunde ist nämlich die Informatik nur ein Darstellungssystem, das rasche und wirksame Operationen mit Inhalten jeglicher Art ermöglicht, insofern man es versteht, diese Verarbeitung zu automatisieren. Die Nützlichkeit der Informatik im Vergleich mit dem Schreiben zu begründen, ist genauso unnötig, wie die Begründung des Schriftlichen im Vergleich mit dem Mündlichen: Es sind dies Darstellungssysteme, die nicht dieselben Funktionen wahrnehmen, und gewiss gibt es in jedem Schulfach Probleme, die früher oder später die Übernahme von Funktionen durch den Computer rechtfertigen.
- Schliesslich muss man festhalten, dass das Integrationsproblem im Kontext der Schulverwaltung zu sehen ist: Wie vermeidet man Probleme mit dem Platz, der Zahl der Maschinen, der Verantwortung für das Material? All dies sind konkrete und pädagogische Fragen, welche den Glauben nähren, der Computer sei ein besonderer Gegenstand im didaktischen Arsenal des Lehrers. Fügen wir zu letzteren Betrachtungen noch die mit dem Gebrauch der Informatik verbundenen Investitionskosten hinzu, so haben wir ein vollständiges Bild der Gründe, welche die Entscheidungsträger bewegen, sich über die Richtigkeit ihrer Entschlüsse Fragen zu stellen.
PNR33 - NFP33 - 9 NOV 1996

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