
Abschnitt 5: Dialektischer Ansatz: Thesen, Positionen und Fragen
These 5: Über die Entwicklung der Bildungssoftware
Ein Lehrer mit Informatikkenntnissen entwickelt nicht automatisch gute Unterrichtssoftware.
- Die Entwicklung eines Unterrichtsprogramms erfordert Kenntnisse im CGU, denn die Interaktion zwischen Mensch und Maschine unterscheidet sich von der Interaktion zwischen Personen. Darum ist es sehr wahrscheinlich, dass die Unterrichtsprogramme von spezialisierten und eigens mit dieser Aufgabe betrauten Lehrern entwickelt werden. Ein weiterer bedeutender Wandel in der Entwicklung von Bildungssoftware scheint von der pädagogischen Nutzung der Standardanwendungen auszugehen. Mit Mathematica, Stella, Excel oder einer Textverarbeitung lassen sich heute kleinere Anwendungen schaffen, die man problemlos unter Kollegen austauschen kann. Die Netzwerke dienen als Tauschbörse für diese Dateien, die heute zu einem nicht zu vernachlässigenden Fundus von "Gratismaterialien" geworden sind, die leicht an die technischen Zwänge jeder Schule angepasst werden können.
- In den meisten Fällen hat man bei der Entwicklung der Bildungssoftware noch keine vertiefte Analyse ihrer Aufgabe vorgenommen. Angesichts der durch die Informatik gebotenen Möglichkeiten sollten die Software die Wissensstrukturierung durch den Lernenden erleichtern, denn die mehrfache Darstellung einer Wirklichkeit erleichtert diese Strukturierung. Es gibt aber noch zu wenige Programme, welche diese Möglichkeiten nutzen (CABRI géométre ist ein gutes Gegenbeispiel). Dieser Mangel erklärt vermutlich das Desinteresse, das die Lehrer gegenüber den erhältlichen Programmen zeigen. Trotz dieses Misserfolgs ist es notwendig, die Entwicklung solider und zuverlässiger Programme zu unterstützen und fortzusetzen. Wie bei den Schulbüchern müssen die Verleger die Distribution der Produkte übernehmen, und nicht die Universität.
- Bei der Produktbewertung sollten Vergleiche in der Art "Anwesenheit von Computern" versus "Abwesenheit von Computern" aufgezeigt werden. Die Antwort auf diese Frage - wie auch immer sie ausfallen mag - wird mit Gewissheit für die Zukunft des Computers in der Schule nicht ausschlaggebend sein. Man muss verstehen, was die Eigenheit der Informatik ausmacht, und die Möglichkeiten der Computer maximal nutzen, insofern sie nützlich sind. Die Traditionen von mündlicher und schriftlicher Kommunikation stehen nicht wirklich im Gegensatz zueinander, genauso wird man sich daran gewöhnen müssen, die vom Computer angebotenen Möglichkeiten zu nutzen, vor allem, wenn sie uns das Leben erleichtern, wie beispielsweise bei der elektronischen Post.
PNR33 - NFP33 - 9 NOV 1996

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