
Abschnitt 5: Dialektischer Ansatz: Thesen, Positionen und Fragen
These 3: Die NIT innerhalb und ausserhalb der Schule
Die Entwicklung der Informatik ausserhalb der Schule darf nicht zu einer fatalistischen und passiven Einstellung der Lehrer gegenüber ihrer Verantwortung führen.
Dieser Punkt ist wiederholt in den von uns geführten Interviews aufgetaucht. Viele Forscher haben uns darauf hingewiesen, dass die NIT durch die Hintertür (sprich die Schüler) in die Schule eindringen werden, wenn keine gemeinsame Anstrengung unternommen wird, ihnen das Tor zu öffnen. Wir erwähnen hier die Überlegungen, die wir am meisten zu hören bekamen.
- Es gibt eine immer tiefere Kluft zwischen dem Gebrauch der Informatik durch die Schüler zu Hause und den in der Schule gebotenen Möglichkeiten. Manche Lehrer müssen feststellen, dass Schüler ihnen "professionell" gestaltete Berichte aushändigen ("professioneller" als die von den Lehrern im Unterricht verteilten Dokumente).
- Der wichtigste Unterschied zwischen dem Beginn der achtziger und der neunziger Jahre liegt darin, dass der Computer in zahlreiche Haushalte Einlass gefunden hat. Er ist zu einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand geworden und gehört zur gewohnten Umgebung der Kinder. Darum hat der Schüler die Möglichkeit, sich ausserhalb der Schule zu bilden, die nun kein privilegierter Ort für die Entdeckung der Möglichkeiten auf diesem Gebiet ist.
- Für viele Lehrer ist die Präsenz des Computers zu Hause eine gute Sache. Sie wird mit Sicherheit dazu führen, das Niveau des Informatikunterrichts zu erhöhen und die Nutzung der NIT durch die Jugendlichen zu diversifizieren. Viele Interviewpartner betrachten den Unterricht im Maschinenschreiben (d.h. den Gebrauch der Tastatur) als eine Absurdität, sie meinen, man solle eher allgemeinere Begriffe wie "Druckformatvorlage" oder "Text" lehren. Dieses Phänomen dürfte den Prozess der "Didaktisierung" beschleunigen, der jedem unterrichtsfähigen Fach eigen ist. Es wirft auch die Frage auf, ob die Lehrer und die für die Lehrpläne Verantwortlichen schon jetzt in der Lage sind, die grundlegenden Begriffe und Fertigkeiten zu bestimmen, die einer dauerhaften und intelligenten Praxis der NIT als Fundament dienen werden.
- Einige Forscher gaben ihrer Befürchtung Ausdruck, das Phänomen der Kulturaneignung über einen Einflussbereich ausserhalb der Schule passe nicht gut zu der Entfernung der Informatik aus dem Pflichtstoff der neuen schweizerischen Matura. Diese Tatsache könnte den bei einigen Schülern schon vorherrschenden Eindruck verstärken, dass nämlich die Schule nicht wirklich auf das Erwerbs- und Berufsleben vorbereite.
- Andere wiesen uns darauf hin, dass der private Sektor sich schneller an Veränderungen anpasse als die Schule. Dieses Phänomen ist im Schulverlagswesen und bei den Telematikdiensten besonders deutlich. Wird es eines Tages Anwendungen geben mit dem Titel "Kurs mit Erfolgsgarantie", die an Eltern verkauft werden, welche einen PC besitzen? Werden die Schüler eines Tages die Möglichkeit haben, sich mit Hilfe kommerzieller Anwendungen parallel zur Schule auszubilden? Auf welchen Ebenen wird dieses Phänomen das Schulsystem beeinflussen? In den Vereinigten Staaten gibt es schon "Fertiglösungen", die auf einer Festplatte eine Palette von Anwendungen für eine bestimmte Schulstufe versammeln.
PNR33 - NFP33 - 9 NOV 1996

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