Probleme der gegenwärtigen Forschungspraxis

Forschung über die NIT nach Lehrerbildung

Mehrere Forscher haben auf die Probleme bei der Ausbildung der Lehrer in den Bildungstechnologien hingewiesen.

Die Analyse der technischen Entwicklung schulischer Praktiken und Institutionen gehört in den Rahmen der allgemeinen Untersuchung von Innovationsprozessen. Bei der technischen Entwicklung können dieselben Widerstände und Verirrungen beobachtet werden wie bei anderen Innovationsprozessen. Auf diesen wie anderen Gebieten ist die Beteiligung der Akteure an der Gestaltung der Innovation offenbar der Schlüssel zum Erfolg.

Für J.L. Gurtner von der Universität Freiburg ist die Entwicklung von Bildungssoftware ein eigenständiger Beruf. Darum wünscht er, dass die Bildungsforschung auf dem Gebiet der NIT durch ein Ausbildungszentrum von hohem Niveau speziell für Pädagogen unterstützt wird. Nach dieser Ausbildung könnten die Pädagogen wirkungsvoller auf die Entwickler Einfluss nehmen und leichter von den Wissenschaftskreisen anerkannt werden. Die derzeitigen Studienpläne der Abteilungen für Erziehungswissenschaften sind zu überladen, um solche Studien aufzunehmen. Das Hochschuldiplom STAF der FPSE wird als Beispiel für eine Ausbildung angeführt, die man unterstützen sollte.

Für andere sollte diese Integration der NIT in die Unterrichtsinhalte zur Basisausbildung der Lehrer gehören. Die verschiedenen Ausbildungslehrpläne für Primarlehrer, die während der vergangenen Jahre in den Schweizer Kantonen ausgearbeitet wurden, deuten unserer Ansicht nach indes nicht darauf hin, dass man diese Probleme erkannt hat. In diesem nicht sehr günstigen Umfeld hat TECFA einen Orientierungstext für die Projektgruppe "Formation des maîtres"[38] der FPSE verfasst (Dillenbourg, Mendelsohn und Peraya, 1994). Wie soll man den künftigen Lehrern die begrifflichen und technischen Instrumente an die Hand geben, die es ihnen ermöglichen, aktiv an der technischen Entwicklung teilzunehmen und diese nicht passiv über sich ergehen zu lassen?

Mit der fortschreitenden Entwicklung der Bildungsanwendungen ist das Wunschbild vom Lehrer, der seine eigene Unterrichtssoftware entwickelt, allmählich verschwunden. Sicher ermöglichen es die neuen Entwicklungsinstrumente (Autorensysteme) einem Lehrer mit beschränkten Informatikkenntnissen, ein Unterrichtsprogramm zu entwickeln. Doch vermögen diese Instrumente zwei grundlegende Probleme nicht zu beseitigen:

Darum ist es sehr wahrscheinlich, dass die Entwicklung von Unterrichtsprogrammen in Zukunft spezialisierten Lehrern obliegen wird, die über eine entsprechende Ausbildung (DES) verfügen und eigens mit dieser Aufgabe betraut werden (im Rahmen einer kantonalen oder eidgenössischen Institution bzw. in einem Verlagshaus). Die Schulleiter werden sich allmählich bewusst, dass die Anschaffung von Bildungssoftware wie jede andere Ausgabe im Budget berücksichtigt werden muss. Diese Entwicklung wird durch die kürzliche Verabschiedung schweizerischer Gesetze über die Urheberrechte an Softwareprodukten unterstützt. Die eigentliche Frage ist, ob diese Bewusstseinsbildung zur Schaffung eines Marktes für Unterrichtsprogramme führt, der gross und stabil genug ist, die Verleger für Schulbücher anzuregen, Unterrichtsprogramme systematischer herzustellen, als sie dies heute tun.

Wenn der Lehrer nicht als Entwickler tätig ist, so wird er doch Käufer und Anwender sein, was ebenfalls spezifische Kompetenzen erfordert. Der Käufer muss fähig sein, die wesentlichen Qualitäten der Software (Bedienerfreundlichkeit, Feinheit des Feedbacks usw.) zu bewerten, was eine gute Kenntnis der auf dem Markt vorhandenen Produkte voraussetzt. Des weiteren muss der Lehrer in der Lage sein, wie bei einem Buch die Relevanz des Produkts und der vorgeschlagenen Aktivitäten hinsichtlich seiner eigenen Ziele abzuschätzen. Bestseller werden vermutlich die "offenen" Unterrichtsprogramme sein, d.h. diejenigen, die der Lehrer parametrieren kann. Dieser wird z.B. einen Schwierigkeitsgrad, eine Darstellungsform (konkret, halbkonkret, abstrakt), gewisse Konventionen (Schreibweise der Zahlen), eine Lernmethode (induktiv, analogisch, deduktiv) usw. wählen. Die guten Unterrichtsprogramme erfassen die "Arbeitsspur" des Schülers. Der Lehrer muss fähig sein, diese Spur zu analysieren, um Probleme zu erkennen, die das Unterrichtsprogramm nicht beseitigen konnte. Diese Anpassung des Unterrichtsprogramms an seine Praxis verlangt vom Lehrer, dass er die Funktionsweise dieser Systeme versteht. Umgekehrt erfordert die optimale Nutzung von Unterrichtsprogrammen auch eine gewisse Anpassung der Unterrichtspraxis.

In dieser Hinsicht gehört die Anwendung von Unterrichtsprogrammen in denselben Problemkreis wie die anderen oben beschriebenen pädagogischen Anwendungen des Computers. Die Schlüsselfrage wird die Wahl eines Informatikinstrumentes (Software, Bilder...) und seiner Anpassung an eine Praxis sein. Die Fähigkeit, Material im Hinblick auf eine praktische Anwendung zu bewerten, ist künftig um so wichtiger, als der Telematikboom eine Situation des Informationsmangels schnell in eine Situation des Informationsüberschusses verwandeln wird:

Zusammengefasst werden vom Lehrer folgende Kompetenzen erwartet:

Die Berücksichtigung der technischen Entwicklung in der Ausbildung der Primarlehrer bedeutet nicht, dass Programmierer oder Technikfanatiker herangebildet werden sollen, sondern aufgeklärte und kritische Anwender von EDV-Ressourcen.


[38] Lehrerausbildung. Anm. d. Übers.

PNR33 - NFP33 - 9 NOV 1996

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