Probleme der gegenwärtigen Forschungspraxis

Forschung über die NIT nach geographischer Region

Es erstaunt kaum, dass es zwischen den Kantonen und Sprachregionen Unterschiede bei den Kriterien für die Einführung der NIT in den Unterricht gibt.

Abgesehen davon, dass jeder Kanton seine eigene Schulpolitik verfolgt, gibt es auch offenkundige , eher kulturelle oder wirtschaftliche Unterschiede. Dies hat nicht nur Nachteile. Wenn man etwas Abstand nimmt, sieht man, dass die Schweiz über mehrere "Labors" in Realgrösse verfügt, die für den Forscher Informations- und für den Politiker Argumentationsquellen darstellen.

Es schien uns, dass in der Deutschschweiz die pädagogische Informatik eher auf die Didaktik der Informatik (d.h. die Lehre der Informatik als selbständige Disziplin) sowie den Gebrauch von Software mit klarem Nutzcharakter (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation) ausgerichtet ist. Die Forscher dieser Sprachregion haben mit ironischem Lächeln darauf hingewiesen, dass eine Technik (oder ein Know-how) während mindestens zehn Jahren den Beweis ihrer Nützlichkeit erbracht haben muss, bevor sie eventuell als angemessener Unterrichtsgegenstand für die obligatorische Schule angesehen wird. Kurt Reusser hat uns auch erklärt, dass es im deutschsprachigen Europa eine tiefe Skepsis gegenüber allen mit Strom betriebenen Bildungstechnologien gebe (Hellraumprojektor, Fernsehen, Sprachlabor usw.). Laut Reusser sind nur wenige Personen in der Deutschschweiz davon überzeugt, dass der Computer in der Schule eine Zukunft habe.

Dagegen schien in der Westschweiz der Gebrauch der Informatik im Unterricht mehr auf die pädagogischen denn die professionellen Anwendungen konzentriert. Hierfür sind die Telematikprojekte EDUTEX und Kalimera gute Beispiele. In dieser Region bringt man der Integration der Informatik in den Unterricht die grösste Bereitschaft entgegen. Der starke Anteil von Forschern aus den Gebieten der Bildung und der Entwicklungspsychologie in dieser Region der Schweiz hat ebenfalls dazu beigetragen, die Forschung über die Bildungstechnologien stärker als in der übrigen Schweiz auf "psychologischere" Fragestellungen auszudehnen.

Das Tessin verfolgt traditionsgemäss eine eher liberale Bildungspolitik. Die Informatik macht hier keine Ausnahme, und die in diesem Kanton entwickelten Projekte waren von Anfang an als spezifische Versuche konzipiert, die oft von begeisterten Lehrern gefördert wurden und das Ziel verfolgten, mehr Klarheit über den Beitrag der NIT auf pädagogischer und didaktischer Ebene zu gewinnen. In dieser ersten Phase wurden die Versuche und Forschungen nicht im Hinblick auf eine allgemeine Einführung in das Schulsystem durchgeführt, da das Hauptziel darin lag, ein grösstmögliches Wissen anzusammeln, das für eine bessere Orientierung bei den Entscheidungen in der Schulpolitik nötig war. Bei der Durchführung der Versuche hat man eine Methode aus der Aktionsforschung angewandt.



PNR33 - NFP33 - 9 NOV 1996

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