Abschnitt 2: Ansatz nach disziplinen: perspektivierung der methoden

Die methode der Bildungswissenschaften: analyse und synthèse

Die Unterrichtsmodelle

Der klassische CGU hängt mit der Forschung über den programmierten Unterricht zusammen, welche sich zuvorderst durch die behavioristischen Theorien hat inspirieren lassen und sich danach auf die Richtung der sogenannten #Beherrschungspädagogie ausgedehnt hat. Die Entwicklung einer Bildungssoftware impliziert, dass man eine pädagogische Methode systematisiert. Die Systematisierung kann sich darin ausdrücken, dass bei der Konzipierung des Programms pädagogische Prinzipien angewandt oder dass diese explizit im Programm dargestellt werden (z.B. in Form von Produktionsregeln), wie dies bei bestimmten Arbeiten der künstlichen Intelligenz der Fall ist (eine Übersicht hierzu findet sich bei Wenger, 1987). Dank dieser Systematisierung der pädagogischen Methode ist die Bildungssoftware nicht mehr nur ein Ort zur Anwendung pädagogischer Theorien. Am Ende ihrer Konzipierung gibt sie ihrem Autor ein Feedback über die Anwendbarkeit und die Kohärenz der Theorie. Nach Abschluss der experimentellen Phase liefert sie Informationen über die Validität des "implementierten" Modells oder die Effizienz der zugrundeliegenden Prinzipien. In der angelsächsischen Literatur ist diese Forschungsrichtung durch die Arbeiten der Strömung "Instructional Design" breit vertreten (Reigeluth, 1983; Gagné, 1987; Steinberg, 1991).

Gagné, R.M. (1987) - Instructional Technology: Foundations. Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates.

Reigeluth, C. M. (1983) - Instructional Design: What is it and Why is it ? In C.M. Reigeluth (ed), Instructional Design, Theories and Models: An overview of their current status. Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates.

Steinberg, E.R. (1991) - Computer-Assisted Instruction: A synthesis of theory, practice and technology. Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates.

Wenger, E. (1987) - Artificial Intelligence and Tutoring Systems: Computational and cognitve approaches to the communication of knowledge. Los Altos: Morgan Kauffmann Publishers.

Die experimentelle Pädagogie

Da die Verwendung von Unterrichtsprogrammen es unter anderem ermöglicht, bestimmte unabhängige Variablen zu neutralisieren, sind diese Programme heute zu privilegierten Instrumenten der experimentellen Pädagogie geworden (Lesgold, Ivill-Friel & Bonar, 1992; Brehmer & Dörner, 1993). Zudem sind gewisse experimentelle Fragen gleichsam vom CGU in das Feld der Bildungswissenschaften "zurückgeprallt" (Lee, 1992). So haben die Forscher, um beispielsweise den Anforderungen im Bereich der Individualisierung zu genügen, komplexe Verfahren zur Modellbildung des Lernenden entwickelt (Self, 1988). Angesichts dieser Komplexität wollten die Informatiker von den Pädagogen wissen, welches Bild die Lehrer von ihren Schülern haben. Ein anderes Beispiel: Es hat sich gezeigt, dass die Lernenden, welche die Unterrichtsprogramme zu zweit benutzten, bessere Ergebnisse erzielten, als jene, die alleine arbeiteten, obwohl die Arbeit zu zweit theoretisch die von der Individualisierung erwartete Wirkung mindert. Diese paradoxen Ergebnisse haben der Forschung auf den Gebieten, die den sozialen Interaktionen bei den LernProzessen eine besondere Aufmerksamkeit widmen, neuen Auftrieb gegeben (Pea, 1993).

Brehmer, B. and Dörner, D. (1993) - Experiments with Computer-simulated Microworlds: Escaping both the narrow straits of the laboratory and the deep blue sea of the field study. Computers in Human Behavior, vol. 9, S. 171-184.

Lesgold, A., Ivill-Friel, J. & Bonar, J. (1992) - Toward Intelligent Systems for Testing. In L. B. Resnick (Ed.), Knowing, Learning and Instruction: Essays in honor of Robert Glaser. Hillsdale, New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates.

Lee, A.Y. (1992) - Using tutoring systems to study learning: An application of HyperCard. Behavior Research Methods Instruments & Computers, vol. 24, Nû 2, S. 205-212.

Pea, R. (1993) - Practices of Distributed Intelligence and Designs for Education. In G. Salomon (Ed), Distributed cognitions: Psychological and educational considerations. Cambridge: Cambridge University Press.

Self, J. (1988) - Bypassing the intractable problem of student modelling. Proceedings of Intelligent Tutoring Systems Conference, Montreal, 18-24.

Die pädagogische Innovation

In einem breiteren Rahmen ist die Einführung der NIT ein privilegiertes Forschungsgebiet für die Untersuchung der Prozesse bei der pädagogischen Innovation. Diese Arbeiten postulieren nicht, dass die NIT auf der Ebene der Bildungsmethoden einen wirklichen Neuerungseffekt haben. Die Einführung dieser Technologien bietet jedoch einen privilegierten Ort, um die Mechanismen der InnovationsProzesse zu beobachten: Druck durch die Institutionen, Widerstand gegen den Wechsel, die Rolle der Pioniere, Polarisierung der Haltungen usw. (Park & Tennyson, 1987; Huberman & Miles 1984).

Huberman, M. and Miles, M. (1984) - Innovation up close. How school Improvement works. New York: Plenum.

Park, O. and Tennyson, R.D. (1987) - Computer-based instructional systems for adaptative education: A review. Contemporary Education Review, 2, S. 121-135.

Die angewandte Forschung

Lange Zeit verstand man die Bewertung als die Gesamtheit der Verfahren, anhand deren man überprüfen konnte, in welchem Mass die Schüler die Bildungsziele erreichten. Diese enge Auffassung der Bewertung entspricht der klassischen Definition der auffordernden Bewertung. Diese hat sich um zwei verschiedene Bewertungsformen erweitert: die prognostische Bewertung und die bildende Bewertung. Jede dieser drei Formen ist gekennzeichnet durch ihre Ziele, die implizierten Entscheidungen, den Zeitpunkt, zu dem sie im LernProzess stattfindet, schliesslich durch den Zieltyp und die bewerteten Lernaspekte (Allal, 1991). Die NIT waren, wie im übrigen die traditionellen Bildungstechnologien (so die audiovisuellen Medien), Gegenstand zahlreicher Bewertungsverfahren. Die ersten befassen sich mit den durch die Schüler erworbenen Kenntnissen, die zweiten mit dem Prozess der Entwicklung technischer Innovationen, die dritten mit dem Produkt selbst.

Allal, L. (1991) - Vers une pratique de l'évaluation formative : matériel de formation continue des enseignants. Pédagogies en développement. Série 5, Nouvelles pratiques de formation. Bruxelles : De Boeck-Université.

Abschliessend sei erwähnt, dass die NIT von besonderem Interesse für die Forscher der Bildungswissenschaften sind, die sich mit spezifischen Themen wie der #Sonderbildung (insbesondere den "kognitiven Prothesen"), der Metakognition, der Exploration und Suche von Information, der Problemlösung, den grafischen Darstellungen usw. auseinandersetzen.

Die Unterrichtsmodelle
Die experimentelle Pädagogie
Die pädagogische Innovation
Die angewandte Forschung

Nationales Forschung Programm 33 - 29 JAN 1996

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