Überblick

und wenn dieser bericht nur ein anfang wäre ...

Die Verfasser des Berichts sind sich bewusst, dass eine Bilanz, sei sie vollständig und präzis, den grossen Nachteil hat, die Vergangenheit und nicht die Zukunft zu reflektieren. Des weiteren sind wir davon überzeugt, dass die Geschichte der Neuen Informationstechnologien (NIT) noch zu schreiben ist und dass ihre Wirkung auf die Gesellschaft und deren Institutionen zur Zeit kaum wahrzunehmen ist. Doch es ist schwierig, gar unverantwortlich zu behaupten, man könne vorhersagen, was in den kommenden zwei Jahrzehnten geschehen wird - vor allem, wenn man mit Bescheidenheit betrachtet, wie viele in der Vergangenheit gemachte Vorhersagen sich ganz oder teilweise als falsch erwiesen haben. Wie viele Experten haben in den siebziger Jahren wirklich die spektakuläre Entwicklung der Mikroinformatik vorhergesehen? In den Achtzigern brauchte es die Hartnäckigkeit einiger "phantasierender" Informatiker, um die grafischen Schnittstellen als universelle Sprache für den Dialog mit den Computern durchzusetzen. Wer glaubte zu Beginn der neunziger Jahre, dass das Internet zu dem gewaltigen Kommunikationsinstrument heranwachsen würde, das es heute ist? Diese wenigen Jahrzehnte Geschichte haben uns auch gelehrt, misstrauisch gegen Moden und Wunderlösungen zu sein. So haben es z.B. die Technologien der künstlichen Intelligenz in zwanzig Jahren nicht geschafft, den Schlüssel zu finden, der das Tor zum Verständnis der natürlichen Sprache öffnet. Die "Multimedia"-Anwendungen sind noch nichts weiter als schöne Bilderbücher, und viele Verleger zögern noch, die bedeutenden Summen zu investieren, die zu ihrer Herstellung nötig sind.

Das Risiko des Irrtums sollte uns aber nicht entmutigen, in die Zukunft zu schauen. Aus der Entwicklung der Informationstechnologien lösen sich mehrere stabile Trends, die heute schärfer wahrnehmbar sind als in der Vergangenheit. Der Computer wird weniger ein selbständiges Wesen mit seiner eigenen Logik denn eine Projektionsfläche, welche die Organisation all unserer intellektuellen, beruflichen und familiären Tätigkeiten verändert. Um die Zukunft zu verstehen, ist es darum nötig, sich nicht nur nicht durch die technischen Entwicklungen irreführen zu lassen, sondern auch zu beobachten, wie die Anwender sich gewisse Innovationen aneignen oder diese ablehnen. Diese Aneignung bzw. Ablehnung der Technologie durch die Anwender führt zum Erscheinen ökologisch stabiler "Nischen", die als Widerstandsnester gegen die Versuchungen des durch die Verleger propagierten Mottos "immer mehr" fungieren. Der jetztige Markt für Taschenrechner ist ein gutes Beispiel für diese Art von stabilisierter Entwicklung. Die heute verkauften Exemplare unterscheiden sich nicht besonders von jenen, die vor mehr als zehn Jahren auf dem Markt erhältlich waren, und dies trotz all der technischen Fortschritte auf diesem Gebiet. Der individuelle Computer wird sicher eine ähnliche Entwicklung erfahren, und die Anwender werden den Herstellern stabilere Lösungen aufzwingen, sobald letztere wirklich ihren reellen Bedürfnissen und keinen Verkaufsargumenten entsprechen.

Die Lehrkräfte haben die Möglichkeit, zu dieser Entwicklung beizutragen, indem sie zusammenarbeiten und Erfahrungen austauschen, um eine gemeinsame Kultur aufzubauen. Es ist unser Wunsch, dass dieser Bericht nicht zu schnell begraben, sondern Ausgangspunkt einer kollektiven Reflexion wird, die in eine echte Politik im Bereich der Forschung und Entwicklung der Bildungstechnologien münden könnte. Die verschiedenen wissenschaftlichen Gemeinden, die wir in diesem Bericht beschreiben, haben noch viel zu distanzierte Beziehungen, um den vor uns liegenden Herausforderungen wirksam zu begegnen. Warum ergreifen wir heute nicht alle gemeinsam die Initiative, auf dem Internet ein Netzwerk für Zusammenarbeit zu gründen, um die durch diesen Bericht begonnene Zusammenarbeit fortzusetzen? Die kooperative Produktion ist zu einem wesentlichen Belang der wissenschaftlichen Forschung geworden (diese Entwicklungsachse ist übrigens eine der ersten Empfehlungen der Europäischen Gemeinschaft auf diesem Feld), und das Internet ist das sicherste Mittel, diese neue Form der Arbeit unter den Forschern zu verbreiten.


Nationales Forschung Programm 33 - 29 JAN 1996

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